Landesbauernverband fordert Änderung der Düngeverordnung / Ernteschätzung
L P D – Die diesjährige Presse-Erntefahrt des Landvolk Niedersachsen zeigt ein durchwachsenes Bild: Die Getreidebestände haben sich vielerorts noch gut entwickelt – dort, wo der Regen zur rechten Zeit kam. Doch neben dem Wetter sorgt ein weiteres Thema für große Unruhe bei Niedersachsens Landwirten: Die Qualität des Getreides. Denn trotz guter Böden und angepasster Sorten, wie beim Grannenweizen von Wilken Hunze aus dem Landkreis Hildesheim, fehlt es den Pflanzen schlicht an Nährstoffen – und das aus politischen Gründen. „Ohne eine Änderung der Düngeverordnung werden wir künftig nur noch Futterweizen ernten, obwohl wir die guten Böden haben, auf denen wir Qualitäts-Backweizen zur Herstellung von Lebensmitteln anbauen und den Mühlen liefern können“, warnt Landvolkpräsident Holger Hennies.
Was sich dramatisch anhört, ist für viele Landwirte längst Realität. Die politisch verordnete Reduktion der Stickstoffdüngung, insbesondere in den sogenannten Roten Gebieten, lässt den Proteinwert des Weizens unter die von den Mühlen geforderte Marke von 12 Prozent sinken. „Dieser Weizen wird kein Brotweizen“, bringt es Hunze auf den Punkt. Er muss 20 Prozent weniger Stickstoff ausbringen als die Pflanzen benötigen. „Kein Boden kann das aufholen. Es wird zu qualitativen und quantitativen Ernteeinbußen kommen. Erst zur Ernte werden wir wissen, ob die Körner ausgefüllt sind oder nicht“, ist sich der 33-jährige Landwirt aus Banteln sicher.
Die Folge: Statt hochwertigem Qualitätsweizen ernten viele Landwirte lediglich Futterweizen. Ein Minusgeschäft, denn die Preisdifferenz kann bis zu 50 Euro pro Tonne betragen. Hennies kritisiert die Grundlage der Einschränkungen scharf: „Einzelne Messstellen mit fragwürdiger Aussagekraft führen dazu, dass ganze Regionen chronisch unterversorgt werden. Das führt dazu, dass der durchschnittliche Proteinwert des in Niedersachsen geernteten Weizens seit Jahren unterhalb der für Backqualität geforderten Schwelle liegt.“ Besonders betroffen: die Hildesheimer Börde – Deutschlands Kerngebiet für Weizenanbau. „Das können wir uns nicht erlauben“, kritisiert Hennies und fordert Bund und EU zum Handeln auf. „Auch Niedersachsens Politik ist aufgefordert, die Änderung der Düngeverordnung unterstützend voranzutreiben“, fügt Hennies an.
Rückendeckung bekommt der Landesbauernverband von der weiterverarbeitenden Branche. Auch die Mühlen und der Landhandel schlagen Alarm. Peter Blumenberg von der Mühle Rüningen bestätigt: „Die Qualität sinkt seit Jahren.“ Seine Mühle bezieht mittlerweile zusätzlich Weizen aus Sachsen-Anhalt – doch auch dort nimmt der Anteil an Brotgetreide ab. Stephan Weiterer vom gleichnamigen Landhandel verdeutlicht die Lage: „Die Landwirte arbeiten unter immer schwierigeren Bedingungen. Doch von der Politik fehlt jede Unterstützung.“ Ein Beispiel sei der trockenste März seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 – ein zusätzlicher Stressfaktor für die Pflanzen, der nicht durch reduzierte Düngung ausgeglichen werden kann.
Die Ernteschätzung des Landvolks Niedersachsen zeigt dennoch ein differenziertes Bild: Beim Winterweizen wird mit einer durchschnittlichen Ernte gerechnet, da die Bestände ordentlich aussehen und nur wenige Trockenschäden zu erwarten sind. Bei der Wintergerste zeigt sich ein anderes Bild: Auf schwachen Standorten gibt es deutliche Trockenschäden, was zu einer frühen Abreife und unterdurchschnittlichen Erträgen führen dürfte. Auf besseren Böden hingegen wird eine durchschnittliche Ernte erwartet.
Triticale und Roggen haben die Trockenheit gut überstanden – hier rechnet das Landvolk sogar mit leicht überdurchschnittlichen Erträgen, nicht zuletzt wegen des geringen Krankheitsdrucks. Der Raps zeigt große regionale Unterschiede: Von schwacher Schotenausbildung und Trockenschäden bis hin zu gut entwickelten Beständen ist alles dabei. Insgesamt wird eine durchschnittliche Rapsernte erwartet.
Konrad Westphale, stellvertretender Vorsitzender des Pflanzenausschusses, bringt es abschließend auf den Punkt: „Entscheidend war in diesem Jahr das Wasser. Aber es ist nicht nur der Regen, der fehlt – auch der Nährstoffmangel wird uns noch lange zu schaffen machen.“ Das Landvolk fordert daher entschlossen: Die Düngeverordnung muss dringend überarbeitet werden – im Sinne von Qualität, Ernährungssicherheit und fairen wirtschaftlichen Bedingungen für die Landwirtschaft.